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Claudia Schneider Heusi im Porträt

"Nicht zögern – just do it."

Rechtsanwältin Claudia Schneider Heusi, LL.M., Fachanwältin SAV Bau- und Immobilienrecht, Partnerin und Inhaberin der Schneider Rechtsanwälte AG, über den Sprung ins kalte Wasser, Netzwerke und eine gesunde Neugier. 

Liebe Claudia, zu Beginn deines Studiums wärst du gerne Jugendanwältin geworden und hast nach deinem Anwaltspatent auch kurze Zeit bei der Staatsanwaltschaft im Kanton Zürich (heute Oberstaatsanwaltschaft) gearbeitet. Warum hast du dich gegen eine Karriere im Strafrecht entschieden?

Ich hatte immer schon zwei Rechtsgebiete im Fokus: Strafrecht und Baurecht. Während meiner Zeit bei der Staatsanwaltschaft wurde die Stelle als Leiterin Rechtsdienst Hochbauamt Kanton Zürich ausgeschrieben, meine Wunschstelle. So kam es zum Entscheid für das Baurecht. 

Im Hochbauamt des Kantons Zürich warst du für die Umsetzung des neuen Vergaberechts zuständig. Wie können wir uns diese Aufgabe vorstellen? 

Ich wurde völlig ins kalte Wasser geworfen: ein komplett neues Rechtsgebiet für die Verwaltung und für mich. Ich erhielt die Aufgabe, etwa 200 Mitarbeiter:innen innert zwei Monaten nach Stellenantritt auszubilden, Vorlagen zu erstellen und sie bei konkreten Vorhaben zu beraten. Hinzu kam, dass ich die Vorgesetzten dieser Mitarbeitenden – also Geschäftsleitung und Kantonsbaumeister (und damit meinen Vorgesetzten) – davon überzeugen musste, dass es nun neue Regeln gibt, die einzuhalten sind. Ich musste also eine nicht sehr populäre Sache an «den Mann bringen», dies als junge Rechtsanwältin ohne Erfahrung.

 

 

Mit der Umsetzung des neuen Vergaberechts ging wie von dir erwähnt auch einher, vor grossen Gruppen Schulungen zu halten. Was für Tipps hast du für junge Berufsanfänger:innen mit Blick auf fachliche Vorträge?

 

Üben und nochmals üben, das mache ich noch heute so. Mit der Stoppuhr in der Hand, laut und frei, ohne abzulesen, den Vortrag so lange für sich durchgehen, bis es sitzt. Bei einem Vortrag die Zeit immer einzuhalten ist wichtig und ein Zeichen der Höflichkeit gegenüber den Teilnehmenden. 

Berufsbegleitend zu deiner Tätigkeit im Rechtsamt hast du einen LL.M. am Europainstitut der Universität Zürich absolviert. Welche Vorteile bietet aus deiner Sicht ein berufsbegleitender LL.M. gegenüber einem LL.M. im Ausland? Empfindest du eine Promotion als nützlich?

Es gibt keinen Berufsunterbruch, zum einen ein finanzielles Thema, vor allem aber auch: Wer sich selbständig machen oder beruflich vorankommen will, sollte sich möglichst bald nach dem Studium einen Namen «on the job» machen und sich vernetzen. Mit mehrjährigen Ausbildungen oder z.B. einem Doktorat wird dies zeitlich um Jahre nach hinten geschoben, gerade für Frauen meines Erachtens nicht ideal. Eine Dissertation und damit verbunden ein später Einstieg ins eigentliche Berufsleben kann – muss aber nicht – bei Frauen mit Kinderwunsch ein Karrierekiller sein.  

Würdest du Berufsanfänger:innen ebenfalls zu einem berufbegleitenden LL.M. raten?

Für mich war die Ausbildung wichtig, um das Europarecht und WTO-Recht zu verstehen, gerade auch um das neue Rechtsgebiet Vergaberecht einordnen zu können. Ich würde beim Entscheid, ob ein LL.M. gemacht und hier Zeit sowie Geld investiert wird, gut überlegen, ob die Weiterbildung konkret etwas an Wissen bringt und ob es für den Lebenslauf notwendig ist. Wenn etwa als Ziel die Partnerschaft in einer international tätigen Grosskanzlei angestrebt wird, ist ein LL.M. im angelsächsischen Raum Voraussetzung.

 

Nach etwa fünf Jahren in der Verwaltung hast du entschieden, dich als Rechtsanwältin selbständig zu machen. Inwiefern halfen dir deine Erfahrungen in der Behörde bei deiner anwaltlichen Tätigkeit?

Sehr viel. Ich war beim Hochbauamt in einer Stellung als Anwältin eines grossen öffentlichen Bauherren tätig und musste von Anfang an die Mitarbeiter:innen als Fachleute und Nichtjuristen so beraten, dass sie von mir praxistaugliche, verständliche Antworten erhielten. Zudem konnte ich ein Netzwerk aufbauen, das mir später den Einstieg in die Selbständigkeit ermöglichte. 

Würdest du auch anderen empfehlen, sich erst nach einigen Berufsjahren selbständig zu machen? Warum oder warum nicht?

Ich empfehle dies dann, wenn man mit der Selbständigkeit eine Spezialisierung anbieten will. Persönlich finde ich dies viel interessanter. Aber natürlich ist es auch ein Weg, sich bald nach dem Studium selbständig zu machen, das schliesse ich nicht aus. Dann muss man sich aber darauf einstellen, ein breiteres Leistungsspektrum anzubieten und z.B. amtliche Verteidigungen zu übernehmen. 

Nach einigen Jahren als selbständige Rechtsanwältin hast du dich zur Fachanwältin SAV Bau- und Immobilienrecht weitergebildet. Was konntest du für dich aus der Weiterbildung mitnehmen?

Sehr gutes Fachwissen und tolle Kontakte, ein gutes Netzwerk. Ich empfehle diese Weiterbildung sehr. Vorausgesetzt werden vier Jahre Berufserfahrung und aus meiner Erfahrung bringt es auch viel mehr, mit Praxiserfahrung in diese Ausbildung zu gehen. 

Du hast auch Mitarbeitende in deiner Kanzlei. Was würdest du anderen Jurist:innen empfehlen, die sich erstmals mit der Führung von Mitarbeitenden auseinander setzen müssen? 

Geht dem nicht aus dem Weg. Mitarbeitende müssen geführt und die Chefinnenrolle muss wahrgenommen werden. Man sollte nicht zögern, externe Unterstützung wie Coaching beizuziehen und sich Fachwissen anzueignen. 

Neben deiner Mitgliedschaft in der Fachkommission SAV Bau- und Immobilienrecht pflegst du weitere Fachmitgliedschaften. Warum sind diese Mitgliedschaften wertvoll?

Ich bin ein neugieriger Mensch und mich interessiert bei meiner Tätigkeit die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Klienten in ihren Projekten eigentlich mehr als das rein Juristische. In bestimmten Mitgliedschaften (z.B. im Verein Bauschlichtung) lerne ich so dazu und kann interessante Kontakte knüpfen. Zudem bin ich gerne auch in anderen Rollen tätig, z.B. in einer Anwaltsprüfungs- oder Fachkommission für die Fachanwälte. 

 

Bau- und Immobilienrecht wird oft als technisch und klassische Männerdomäne empfunden. Wie würdest du vor Juristinnen für deine Spezialisierung werben?
Mit den spannenden Projekten und Vorhaben, die man 1:1 an der Front miterlebt. Einen Tunnelbau oder eine grosse IT-Ausschreibung zu begleiten und hier in einem Team die juristische Seite einbringen zu können, ist einfach interessant.

Welche Juristin hat Sie so inspiriert, dass sie als Vorbild für breaking.through nominiert werden soll?

 

Monika Mörikofer als selbständige Anwältin, Astrid Waser als Partnerin von Lenz & Stähelin und Charlotte Kalt, General Counsel bei der Siemens Mobility AG.

Vielen Dank für das spannende Interview! 

Zürich, 15. Februar 2023. Das Interview wurde geführt von Lena Götzinger.

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