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Roberta Papa

Roberta Papa im Porträt

"Wir sind in der privilegierten Situation, eine spannende Arbeit verrichten zu dürfen und daneben Zeit für die Familie zu haben."

 

Roberta Papa, Gründungspartnerin bei Blesi & Papa über die Gründung der ersten spezialisierten Kanzlei für Arbeits- und Sozialversicherungsrecht in der Schweiz und die Bedeutung flexibler Arbeitszeitmodelle für Eltern.

Frau Papa, Sie sind Partnerin in einer auf Arbeits- und Sozialversicherungsrecht spezialisierten Kanzlei. Wie sind Sie zu diesem Fachbereich als Spezialisierung gekommen?

 

Ich habe beide Fächer schon an der Universität besucht und immer schon spannend gefunden. Daneben gab es aber noch Vieles mehr, was mich gereizt hat. Nach dem Anwaltspatent habe ich dann zunächst im Bereich M&A gearbeitet und erst ein paar Jahre später begonnen, mich auf Arbeits- und Sozialversicherungsrecht zu spezialisieren.

War dies bereits eine Motivation bei der Entscheidung für das Jus-Studium?

Nein, so genau wusste ich das damals noch nicht. Damals war ich vor allem angetrieben von der Motivation, alle Facetten des Rechts kennenzulernen, um die Schwächeren vor Ungerechtigkeiten zu schützen. Das besondere Interesse am Arbeitsrecht und am Sozialversicherungsrecht hat sich dann im Laufe meiner beruflichen Tätigkeit entwickelt.

Sie waren nach dem Studium fünf Jahre bei einer Wirtschaftskanzlei tätig, bevor Sie sich selbstständig gemacht haben. Was hat Sie damals zu dem Berufsweg der Anwältin bewegt?

Ich durfte während dem Studium ein zweimonatiges Praktikum in eben dieser Wirtschaftskanzlei absolvieren. Das war meine erste Berührung zum Anwaltsberuf, von dem ich bis dahin ‒ offen gestanden ‒ noch keine grosse Ahnung hatte. Ich fand die Tätigkeit faszinierend und wusste gleich: Das will ich auch machen!

Sie und Ihr Partner gründeten die erste Boutique-Kanzlei, die ausschliesslich auf Arbeits- und Sozialversicherungsrecht spezialisiert ist. Wie kam es dazu, dass Sie damals diesen Schritt wagten?

Mein Partner und ich arbeiteten schon damals sehr spezialisiert. Wir hatten zusammen die Vision, eine eigene Kanzlei zu gründen, welche sich noch mehr auf unsere Kerngebiete fokussieren sollte. In der Schweiz war die Spezialisierung im Anwaltsberuf damals noch eher neu ‒ mein Partner hat beispielsweise den ersten in der Schweiz durchgeführten Spezialisierungskurs zum Fachanwalt Arbeitsrecht absolviert (ich absolvierte dann den zweiten Kurs). In anderen europäischen Ländern, unter anderem in Deutschland, gab es spezialisierte Fachanwaltskanzleien schon länger. Das hat uns Mut gemacht, dies auch in der Schweiz zu versuchen ‒ und es war von Anfang an ein Erfolg!

Der Schritt in die Selbstständigkeit ist sicher auch mit Unsicherheiten verbunden, ob wirtschaftlicher oder persönlicher Art. Wie sind Sie damit umgegangen? 

Mit einer guten Portion Optimismus. Im Vergleich zu anderen Berufen ist das Risiko zudem verhältnismässig gering. Für den Anwaltsberuf braucht es ja kaum Infrastruktur: Ein Büro, ein Computer und eine Internetverbindung reichen.

Was würden Sie jungen Juristinnen und Juristen raten, die überlegen, sich ebenfalls selbstständig zu machen? Gibt es hierfür den "richtigen" Zeitpunkt?

Während meiner Zeit in der Wirtschaftskanzlei habe ich die Möglichkeit gehabt, mit ausgezeichneten Anwältinnen und Anwälten zusammenzuarbeiten und in viele Bereiche hineinzusehen. Ich habe dabei enorm viel gelernt. Davon profitiere ich noch heute. Ich würde deshalb jedem empfehlen, vor der Selbstständigkeit eine gewisse "Lehrzeit" zu absolvieren.

Wie hat sich Ihre Tätigkeit durch die Stellung als Partnerin verändert? Welche Aufgaben sind für Sie hinzugekommen?

Wenn man eine Kanzlei führt, kommt zur Mandatsarbeit noch viel Anderes hinzu. Zu Beginn hatten wir zum Beispiel noch keine Assistentin, da mussten wir uns um alles selbst kümmern, vom Einkauf des Büromaterials bis zum Beheben von Computer- und Druckerproblemen. Seit wir Mitarbeitende haben, ist einiges einfacher, dafür kommen die Mitarbeiterführung und die Personaladministration dazu. Diese Vielseitigkeit ist aber auch sehr bereichernd.

Wie sieht ein typischer Arbeitsalltag bei Ihnen aus?

Meine Tage im Büro sind nicht alle gleich, sie sind aber immer ziemlich intensiv. Ich erledige Mandatsarbeit, nehme an Telefonkonferenzen, internen und externen Sitzungen oder ab und zu an Gerichtsverhandlungen teil. Dann geht’s wieder zurück zum zweiten Teil der "Arbeit" – Abholen der Kinder, Abendessen kochen, Kinder ins Bett bringen etc.

Wo sehen Sie die besonderen Vorteile einer spezialisierten Anwaltskanzlei gegenüber den klassischen "Full Service" Kanzleien?

Spezialisierte Kanzleien sind naturgemäss kleinere Strukturen, die weniger kostenintensiv organsiert sind und dadurch interessantere Konditionen anbieten können. Der Hauptvorteil liegt meines Erachtens aber darin, dass sich direkt der Spezialist um die Anfragen der Klienten kümmert und diese in der Regel von A-Z betreut.

Sie sind Mutter von zwei Kindern und weiterhin, genau wie Ihr Ehemann, berufstätig. Wie haben Sie die Betreuungsfrage für Ihre Familie gelöst?

Unsere Kinder haben tolle Grosseltern, die uns bei der Betreuung unterstützen. Mit Grosseltern und Krippe bzw. Kinderhort decken wir drei Tage ab. Mein Mann kann seine Arbeitszeit zudem glücklicherweise vergleichsweise frei einteilen, und ich konnte mein Pensum reduzieren, so dass wir die Betreuung an den restlichen Tagen gemeinsam übernehmen können.

Trotz verbesserter Betreuungsmöglichkeiten übernehmen tendenziell häufiger Frauen die Betreuung von Kindern. Denken Sie, dass etwa ein gesetzlich vorgesehener Vaterschaftsurlaub für eine Veränderung dieser Aufgabenverteilung sorgen kann?
 

Ich glaube nicht, dass ein gesetzlicher Vaterschaftsurlaub daran etwas ändern würde. Wichtiger scheint es mir, dass Teilzeitarbeit bei Männern besser akzeptiert und von den Vätern auch gewollt wird. Ich glaube, diesbezüglich entwickeln wir uns in die richtige Richtung. Mein Mann zum Beispiel geniesst die Zeit, in welcher er die Kinder allein betreut, sehr.

Was würden Sie jungen Juristinnen raten, die Zweifel haben, Arbeit und Familie unter einen Hut zu bekommen?
 

Ich würde ihnen sagen, dass sie mit dieser Sorge nicht alleine sind: Diese Herausforderung haben alle erwerbstätigen Mütter zu meistern, unabhängig von der Ausbildung. Ich habe bisher keine Situation erlebt, in der das nicht geklappt hat. Ich glaube, man muss es von einer anderen Seite her sehen: Wir sind in der privilegierten Situation, eine spannende Arbeit verrichten zu dürfen und daneben Zeit für die Familie zu haben. Unser Beruf eignet sich zudem an sich gut für Teilzeitarbeit ‒ es ist alles eine Frage der Organisation!

 

Welche Juristin hat Sie so inspiriert, dass sie als Vorbild für breaking.through nominiert werden sollte und wieso?
 

Meine Freundin Lara Dorigo, IP Counsel bei Lenz & Staehelin. Sie leistet beeindruckende Arbeit und ist eine tolle Mutter.

Vielen Dank für das Gespräch und die Zeit, die Sie sich dafür genommen haben!

11. Mai 2019. Frau Papa hat die Fragen schriftlich beantwortet. Die Fragen stellte Charlotte Rosenkranz.

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