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Sarah Progin-Theuerkauf

Prof. Dr. Sarah Progin-Theuerkauf im Porträt

 

"Für mich ist meine Arbeit immer noch ein Traum."

 

Prof. Dr. Sarah Progin-Theuerkauf, Universität Fribourg, über die Freiheit in der Wissenschaft, Begeisterung für die Lehre und Peer Mentoring.

Liebe Frau Progin-Theuerkauf, Sie sind Professorin an der Universität Fribourg für Europarecht und Migrationsrecht. Wie kamen Sie zu Ihrem Forschungsschwerpunkt?

 

Meine Begeisterung für Völker- und Europarecht habe ich schon während meines Studiums entdeckt. Ich fand diese Vorlesungen besonders spannend und träumte von einem Job als Diplomatin oder bei den Vereinten Nationen. Ich war auch studentische Hilfskraft an einem völkerrechtlichen Institut. Nach dem Studium habe ich mich dann für eine Promotion im Bereich Europarecht / EMRK entschieden. Während meiner Arbeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Europarecht musste ich mich dann auch mit migrationsrechtlichen Fragestellungen befassen, da gerade die Schengen-/Dublin-Assoziierung der Schweiz anstand. Während meines Referendariats habe ich mich auf Europäisches Wettbewerbsrecht und Migrationsrecht spezialisiert, war z.B. bei der Deutschen Botschaft in Bangkok. Als dann 2009 an der Uni Fribourg eine zweisprachige Professur für Europarecht und Migrationsrecht ausgeschrieben wurde, hatte ich sofort Lust, mich darauf zu bewerben. Der Rest war dann sicher ein bisschen Glück und Zufall.

Sie haben in Deutschland studiert und dort auch Ihre Zulassung erworben. Weshalb haben Sie sich dazu entschieden, für Ihre Promotion nach Fribourg zu gehen?

Ich hatte bereits mein 4. Studienjahr als Erasmus-Studentin an der Uni Fribourg verbracht. Ich wollte eigentlich nur mein Französisch verbessern, aber dann habe ich in Fribourg zwei sehr wichtige Menschen kennengelernt, die mich direkt oder indirekt dazu gebracht haben, nach Fribourg zurückzukehren: Meinen Mann und meine spätere Doktormutter, Astrid Epiney. Mein Mann ist französischsprachig, daher war es für ihn nicht so interessant, nach Deutschland auszuwandern. Ich wollte erstmal schauen, ob wir wirklich gut zusammenpassen und hatte daher vor, zunächst einmal nur das Doktorat in der Schweiz zu machen. Während des Erasmusjahrs hatte ich Frau Epiney kennengelernt, bei der ich dann nach Abschluss meines Studiums dissertieren und als wissenschaftliche Mitarbeiterin arbeiten konnte.

Nach dem zweiten Staatsexamen haben Sie als Anwältin in Zürich gearbeitet. Was würden Sie ausländischen Juristinnen und Juristen raten, die ebenfalls den Wechsel in die Schweiz planen?

Ich würde nicht generell dazu raten, als Jurist die Rechtsordnung zu wechseln. Das ist nämlich nicht so einfach. Wenn man Internationales Recht und Europarecht macht, dann geht es noch einigermassen. Aber sonst kann ich es nicht wirklich empfehlen.

Was hat Sie motiviert, von der Anwaltstätigkeit zur Wissenschaft und Lehre zu wechseln?

Es war nicht geplant, sondern hat sich einfach so ergeben. Ich liebe das Forschen und Schreiben, aber auch die Lehre und den Kontakt mit den Studierenden. Zudem bin ich ein bisschen Managerin und gleichzeitig sehr frei. Ich finde es auch toll, in mehreren Sprachen und in einem internationalen Umfeld zu arbeiten. Für mich ist meine Arbeit immer noch ein Traum. Ich wäre aber vermutlich auch mit einem anderen Job glücklich geworden.

Was sind aus Ihrer Sicht die grössten Unterschiede beim Karriereweg an den rechtswissenschaftlichen Fakultäten in der Schweiz und Deutschland?

Das kann ich nicht sagen, da ich die deutsche Universitätslandschaft nicht gut genug kenne. Ich habe ja nur dort studiert. Mir scheint aber, dass die Arbeitsbedingungen an Universitäten in der Schweiz besser sind und man schneller einen sicheren Arbeitsplatz hat.

Was waren für Sie auf Ihrem Weg zur Professur die grössten Herausforderungen und wie sind Sie damit umgegangen?

Die grösste Herausforderung ist immer noch, unter Zeitdruck hervorragende Leistungen abzuliefern. Man kann nicht unendlich viel Zeit in Publikationen oder Vorbereitungen eines Vortrags oder von Vorlesungen stecken, daher muss man lernen, effizient zu arbeiten. Das wird umso wichtiger, wenn man dann auch noch Familie hat und nicht ewig im Büro bleiben kann.

Und was ist für Sie das Schönste an Ihrem Beruf?

Erstens die Freiheit: Ich kann selbst entscheiden, über was ich gerade forschen will und was genau ich in der Vorlesung behandeln will. Ich kann auch an Konferenzen im in- und Ausland gehen, die mich interessieren, und mich zu Themen weiterbilden, die ich spannend finde. Zweitens der Kontakt mit Menschen:  Ich lerne ständig begabte und interessante Leute kennen. Das ist sehr inspirierend.

Sie sind aktuell in London für ein Semester, ihre Kinder sind mit Ihrem Mann in der Schweiz, der ebenfalls in Vollzeit berufstätig ist. Wie haben Sie und Ihr Mann sich organisiert, damit das möglich ist?

Wir haben alles sehr gut organisiert, aber das machen wir ja sonst auch. Mein Mann ist ebenso wie ich in der Lage, sich um Haushalt und Kinder zu kümmern. Ich bin zudem jedes Wochenende zurück in die Schweiz gereist und in den Herbstferien war meine Familie bei mir in London. Ein Semester ist ja nicht lang, nur 14 Wochen. Zudem kann man ja jederzeit telefonieren. Und wir haben ganz tolle Personen gefunden, die sich um die Kinder kümmern, während wir arbeiten.

Sie haben an Ihrer Fakultät in Fribourg ein Peer Mentoring Programm für Doktorandinnen gegründet. Was waren Ihre Beweggründe hierfür?

Ich finde, dass man im Doktorat oft alleine vor sich hinarbeitet. Dabei gibt es oft viele Personen in der gleichen Situation. Gerade Frauen vernetzen sich aber oft nicht. Ich wollte, dass sich die Doktorandinnen untereinander kennenlernen und auch später in Kontakt bleiben. Wir haben uns etwa drei, vier Mal pro Semester getroffen und Coachings oder Gespräche mit tollen Frauen geführt, die Role Models sein können. Letztlich habe ich also nur das gemacht, was ich als Doktorandin selbst gerne gehabt hätte. Mit einigen der Doktorandinnen bin ich jetzt befreundet. Zwei sind sogar auch gerade in London.

Welche Juristin hat Sie so inspiriert, dass sie als Vorbild für breaking.through nominiert werden sollte und wieso?

Meine Doktormutter, Astrid Epiney, die derzeitige Rektorin der Uni Fribourg, ist eine sehr bewundernswerte Frau. Ich habe grossen Respekt für sie. Aber es gibt natürlich auch viele andere tolle Frauen, die es verdienen, nominiert zu werden. Meine beiden neuen Kolleginnen, Maryse Pradervand-Kernen und Joelle Vuille, sind ebenfalls inspirierend. Und es gibt Professorinnen und Forscherinnen, die sogar drei Kinder haben; davor habe ich grossen Respekt. Zwei Kinder sind schon sehr viel Arbeit…

Vielen Dank für das spannende Interview!

Zürich/London, 3. Dezember 2019. Frau Prof. Progin-Theuerkauf hat die Fragen schriftlich beantwortet. Die Fragen stellte Charlotte Rosenkranz.

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